Forderungspapier Bahnmodellregion Oberlausitz

LINKE-Politiker*innen und Kandidat*innen erarbeiten Forderungspapier Bahnmodellregion Oberlausitz als Zielstellung für den Strukturwandel in der Lausitz

In den vergangenen Monaten haben LINKE-Politiker*innen verschiedener Ebenen zusammen das Forderungspapier Bahnmodellregion Oberlausitz erarbeitet.
Im Mittelpunkt stand die Frage: Welche Schieneninfrastruktur und Angebote braucht es, um den Bahnverkehr für Bürger*innen, Unternehmen und Tourist*innen in der Oberlausitz attraktiv zu machen? Die Antwort lautet kurz und knapp:

Züge bauen und testen, Schienen reaktivieren, Angebote kostengünstig und bequem für alle! Die soziale und umweltfreundliche Verkehrswende endlich beginnen!

Die 12 Forderungen finden Sie unter diesem Link sowie im Beitrag (siehe unten) und sind dort ausführlich nachzulesen. Mit einer Veröffentlichung auf den Websites der MdL, MdB und Kreisverbände ist das Dokument zur Einsicht und Diskussion ab sofort verfügbar.

Bei der Erarbeitung des Papiers wurden die Erkenntnisse aus der parlamentarischen Arbeit in Bundestag und Landtag ebenso eingebracht wie das Wissen der Aktiven von vor Ort aus Kreis- und Stadtratsfraktionen. In einem zweiten Schritt wurde das Papier weiteren Organisationen und Expert*innen übermittelt, um externen Sachverstand einzuholen und eine Weiterqualifizierung vorzunehmen. Im Ergebnis liegt nun ein Forderungspapier mit 12 konkreten Handlungsaufforderungen vor. Diese wurden im Rahmen einer Pressekonferenz am 02.05.2022 in Bautzen vorgestellt. Die Erläuterungen erfolgten durch die MdLs Antonia Mertsching und Mirko Schultze sowie den Bautzener Landratskandidaten Alex Theile (aufgestellt von LINKE/GRÜNE/SPD) und OB-Kandidatin Andrea Kubank (DIE LINKE). Auch MdB Caren Lay und MdL Marco Böhme unterstützen das Forderungspapier.

Alex Theile, gemeinsamer Landratskandidat Bautzen von LINKE/GRÜNE/SPD: Die Initiative der Bundestags- und Landtagsabgeordneten der Partei DIE LINKE, ein solches Forderungspapier zu erarbeiten, schätze ich sehr. Umso dankbarer bin ich, dass ich meine Gedanken ebenfalls mit einbringen konnte.
Ich bin überzeugt: Strukturwandel und Verkehrswende müssen wir zusammen denken. Ein gut ausgebautes Schienenverkehrs- und ÖPNV-Angebot, mit attraktiven Verbindungen, Fahrpreisen und angenehmen Fahrtbedingungen kann ein Standortvorteil für unsere Region sein. Dafür müssen wir nicht nur sprichwörtlich heute schon die Weichen stellen. Das Papier beschreibt, welche Weichen das sind viele gute Vorschläge liegen somit auf dem Tisch. Als Landrat werde ich mich dafür einsetzen, dass wir diese Weichenstellungen auch wirklich angehen.

Für Fragen und Anregungen stehen die genannten Personen und Kreisverbände gern zur Verfügung.
Im Kreisverband Görlitz: Kreisgeschäftsführer Marko Schmidt, E‑Mail: xts@qvryvaxr-tbreyvgm.qr

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Foto: Pressekonferenz 2.5.2022 in Bautzen, v.l.n.r. Antonia Mertsching, Mirko Schultze, Andrea Kubank, Alex Theile; Fotografin: J. Lübeck

 

  • Zwölf Forderungen für die Bahnmodellregion Oberlausitz der Zukunft

 

  1. Schnellstmögliche Wiederinbetriebnahme der Strecken für den Personenverkehr, die nur noch für den Güterverkehr genutzt werden. Beispielhaft seien hier aufgeführt: Löbau – Rumburk, Weißwasser – Industriepark Schwarze Pumpe – Hoyerswerda, Kamenz – Hoyerswerda
  2. Schnellstmögliche Reaktivierung aller Strecken, die noch nicht entwidmet wurden sowie die Reaktivierung aller weiteren relevanten Schienenstrecken und der Ausbau von Verbindungsstücken zwischen entsprechenden Schienenstrecken. Beispielhaft seien hier aufgeführt: Niedercunnersdorf – Oberoderwitz, Bautzen – Wilthen – Neustadt, Rothenburg – Horka, Eibau – Varnsdorf, Seifhennersdorf – Rumburk, Hoyerswerda – Bautzen
  3. Die Elektrifizierung der Strecken zwischen Dresden – Görlitz, Hoyerswerda und – Zittau (-Liberec), sowie zwischen Cottbus und Görlitz müssen schnellstmöglich erfolgen. Die Nutzung der vorhandenen Stromtrassen soll dabei dem Neubau vorgezogen werden. Das verringert die Planungs- und Umsetzungszeit erheblich. Die Elektrifizierung ist dabei Voraussetzung für die S‑Bahn-Taktung.
  4. Förderung von Modellprojekten zu batterie- und wasserstoffbetriebenen Zügen und auch Straßen-Schienen-Omnibussen, um den flächendeckenden Aufbau der Streckenelektrifizierung mit langjährigen Planungsverfahren zu vermeiden und die fließende Verbindung zwischen Schienen- und Busstrecken zu sichern (insbesondere für touristische Angebote sinnvoll). Die Strecke Löbau-Rumburk könnte dabei als binationales Modellprojekt für batterie- und wasserstoffbetriebene Züge dienen.
  5. Halbstündige S‑Bahn-Taktung zwischen den Knotenpunkten Hoyerswerda-Dresden, Bischofswerda – Bautzen – Görlitz, Cottbus – Görlitz – Zittau – Liberec, Bischofswerda – Zittau – Liberec, Hoyerswerda – Niesky – Görlitz sowie die Verlängerung der Fahrzeiten bis 24 Uhr, freitags und samstags bis ein Uhr zur Förderung der zeitlichen Attraktivität des Bahnverkehrs und damit verbundener zweigleisiger Ausbau der Schienenstrecken.
  6. Stündliche Schienenschnellverbindung zwischen Dresden und Wroclaw mit Zwischenhalten in Bautzen und Görlitz sowie Schnellverbindung zwischen Berlin und Wroclaw mit Zwischenhalten in Cottbus, Weißwasser (als touristischer Knotenpunkt zu mehreren UNESCO-Stätten und Lausitzer Seenland) und Görlitz.
  7. Finanziellen Attraktivität des Schienenpersonenverkehrs: Durch die Einführung des 365 €-Jahrestickets sowie eines kostenfreien Sozialtickets (für Empfänger:innen von Sozialleistungen, Schüler:innen, Auszubildende, Studierende, Freiwilligendienstleistende und Ehrenamtliche des Bevölkerungsschutzes und der Feuerwehren) im gesamten Geltungsbereich des ZVON kann der ÖPNV im Vergleich zur PKW-Nutzung attraktiver werden. Mittelfristiges Ziel muss es sein, dass es einen einheitlichen Tarif in Sachsen gibt, in dem auch die Mitnahme von Fahrrädern und Lastenrädern kostenfrei ermöglicht wird. Zudem soll es touristische Gästekarten geben, um den ÖPNV vergünstigt/kostenfrei für Mehrtagestourismus genießen zu können (vgl. Projekt SpreewaldCard).
  8. Enge Anbindung der touristischen Freizeithöhepunkte mit eigenen Bahnhalten, wie dem Bärwalder See/Hafen Klitten oder der Förderung der Erreichbarkeit zwischen Bahnhalt und dem Tourismuspunkt (Verbindung Bahnhof Hagenwerder und Berzdorfer See, Bahnhof Weißwasser und Fürst-Pückler-Park) sowie einer touristischen Linie zwischen Liberec und Hoyerswerda, um zwischen dem Jeschken, dem Zittauer Gebirge und dem Lausitzer Seenland, ebenso zwischen Görlitz und der sächsischen/böhmischen Schweiz über Löbau – Ebersbach-Neugersdorf – Rumburk – Sebnitz – Bad Schandau Děčín ein touristisch attraktives Angebot zu schaffen. Diese Angebote müssen mit entsprechenden Tickets, wie einem erweiterten Euro-Neiße-Ticket gefördert werden (siehe auch Punkt 6).
  9. Ausbau des Anschlusses für den Schienengüterverkehr zwischen den bereits vorhandenen Schienenstrecken und den neu entstandenen Industriegebieten (Kodersdorf, Zittau-Nord, Boxberg, Flughafen Rothenburg, Großpostwitz/Singwitz). Dazu müssen einige Bahnhöfe oder Netzknotenpunkte (wieder) zu multifunktionalen Bahnterminals / Railports umgebaut werden, die auch für kleinere Güter zwischen Bahn‑, LKW- und Buslogistik (Vorbild: Postbus) genutzt werden können. Dazu muss die oben genannte Elektrifizierung und der doppelgleisige Ausbau des Schienennetzes zwischen zentralen Punkten auch für den Güterverkehr mitbedacht werden. Dadurch könnten Infrastrukturprojekte, wie der Ausbau der A4, hinfällig werden.
  10. Die Personenbeförderung muss dem Leitbild der inneren Attraktivität (Gemütlichkeit) dienen. Die Bahnen sollen nicht nur Transportmittel, sondern ebenso Arbeitsort (rollendes Büro) und bequemer Aufenthaltsort für Reisende (rollendes Café) sein. Dafür braucht es durchgehend gut verfügbares Internet, Arbeitsplätze mit geräumigen Tischen (für bis zu vier Laptops) und Getränke- und Essensversorgung. Auch die Bahnhöfe müssen nach diesem Leitbild gestaltet werden. Bahnhofsgaststätten, Arbeitsplätze, Aufenthaltsräume und kostenfreie öffentliche Toiletten gehören zu einem modernen Angebot.
  11. Bei der Erarbeitung von Fahrplänen braucht es eine umfangreiche Beteiligung der Bevölkerung, von relevanten Organisationen, der Wissenschaft, der Unternehmen und der Bildungseinrichtungen. Ziel muss die optimale Verbindung zwischen den Schienenverbindungen, Buslinien, Fahrradwegen sowie Bike- und Car-Sharing-Angeboten, Park-and-Ride-und Bike-and-Ride-Angeboten sein. Letzteres sollte mit integrierten Apps zwischen DB, privaten Eisenbahnanbietern (derzeit Die Länderbahn mit ihrer Marke trilex und die ODEG), kommunalen Verkehrsverbünden und Sharing-Anbietern gefördert werden.
  12. Finanzielle Unterstützung des Schienentestrings TETIS im Raum Niesky durch den Freistaat Sachsen und den Bund, um das vorhandene industrielle Bahncluster in der Lausitz mit Standorten in Bautzen, Görlitz, Niesky und Cottbus zu stärken und für Nutzer*innen aus Mitteleuropa sowie Unternehmen attraktiv zu werden. Dadurch wird eine Bahnregion geschaffen, die von der Produktion- und Testung bis zur Wartung von Schienenfahrzeugen im Umkreis von 100 km alles zu bieten hat. Zudem liegt sie im Herzen Europas und kann durch die oben vorgeschlagenen Punkte zu der Bahnregion Mitteleuropas werden.

 

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