Sächsische Linke beschließt Wahlprogramm: Durch und durch sozial!

Kathrin Kagelmann

Die Linke gibt sich betont modern und kämpferisch. Es geht um viel in diesem Wahljahr. Die Linke muss beweisen, dass die Trennung von konservativen Teilen der Basis tatsächlich ein notwendiger Befreiungsschlag für einen inhaltlichen Aufbruch war, der den Abwärtstrend in der Wählergunst auch kurzfristig zu stoppen in der Lage ist. Und deshalb konnte auf diesem Parteitag nichts dem Zufall überlassen bleiben.

Die Eröffnung des durchkomponierten Halbtagsparteitages erfolgte schon traditionell von einem Neumitglied, einem von immerhin 250 seit Anfang des Jahres in Sachsen. Das Spitzenkandidat*innen-Duo im Stil trendiger Polit-Events auf- und abschreitend mit Moderationskärtchen und Headset vor einer disziplinierten Basis im Bautzener Krone-Hotel schwor danach die Delegierten ein auf das Motto des Parteitages: Durch und durch sozial. Von Lohn- oder Rentengerechtigkeit, über investitionsfähigere Kommunen und eine stärker nachhaltig ausgerichtete Wirtschaft spannte sich der inhaltliche Bogen bis zur profitunabhängigen Gesundheitsversorgung und kostenfreien Bildung für alle. Ganz klar auch: Es geht im beginnenden Wahlkampf um mehr als eine einfache parlamentarische Farbenlehre, sondern um die Stabilisierung von Demokratie überhaupt. Alles keine neuen Themen für die Linke, aber angesichts von regierendem Schuldenbremsen-Fetisch und ungebremster Umverteilungsorgie von unten nach oben sind es die Felder, die eine soziale Partei konsequenter bestellen muss, wenn sie die allgemeine gesellschaftliche Orientierungslosigkeit und politische Enttäuschung in weiten Teilen der Bevölkerung durchbrechen will. Wie es sich gehört für eine demokratische Opposition wurde auch nicht gespart mit Kritik an CDU und mitregierenden Grünen und Sozialdemokraten, deren vergessene Sozial- und Umweltversprechen auf Landes- wie Bundesebene sich in der Gegenwart potenzieren zu einer handfesten Krise der Demokratie, weil sie rechten Heilsbringern den argumentativen Nährboden bereiten. Einige der Kritisierten saßen derweil als Gäste in der ersten Reihe und dürften, ganz Politikprofis, wohl leise gelächelt haben im Wissen um die Differenz zwischen wahlprogrammatischen Parteiansprüchen und koalitionären Handlungsspielräumen.

Auch schon traditionell zeigte ein linker Gewerkschafter auf, wie und wo sich praktisch in Sachsen gerade Verteilungskämpfe abspielen: Diesmal solidarisierte sich der Parteitag mit den Beschäftigten von SWR metalfloat in Espenhain, die seit nunmehr fünf Monaten um einen guten Tarifvertrag kämpfen.

Die Generaldebatte zum Wahlprogramm wäre dagegen fast ausgefallen mangels interessierter Diskutant*innen. Denn: Von den rund 160 eingereichten Änderungsanträgen waren die meisten von den Antragstellern übernommen, einige von den Einreicher*innen nach Rücksprache zurückgezogen worden. So blieb es bei eher unspektakulären Auseinandersetzungen etwa um die Abschaffung von Schulnoten oder darum, an welcher Stelle im Programm wie genau die Forderung nach Vergesellschaftung von Unternehmen am besten eingefügt werden sollte. Eine fast geschlossene Annahme des Wahlprogramms durch den Parteitag war insofern folgerichtig und zollte einem Erarbeitungsprozess Anerkennung, der sehr viele innerparteiliche Gremien und zivilgesellschaftliche Partner frühzeitig eingebunden hatte.

Die größte Unsicherheit der Zeit – die Sicherung des Friedens in immer mehr Teilen der Welt spielte dagegen in allen Reden eine eher untergeordnete Rolle, obwohl sich auf den Straßen und den Truppenübungsplätzen Sachsens die ungeheuerlichste Militarisierung in der Geschichte Deutschlands quasi in „Hör- und Sichtweise“ der sächsischen Linken abspielt und aktuell noch das bisher größte NATO-Manöver Steadfast Defender 2024 läuft. Gut, dass auch an dieser Stelle Änderungsanträge im Wahlprogramm das friedenspolitische Profil der Linken im Wahlprogramm schärfen konnten.

https://www.dielinke-sachsen.de/wahlen/landtagswahl-2024/durch-und-durch-sozial/